Pressemitteilung des Verteidigerteams von Michael Ballweg
Pressemitteilung: Neunter Verhandlungstag im Verfahren Michael Ballweg – Gefängnisdirektor gibt Einblicke in Haftbedingungen und steuerliche Herausforderungen
Stuttgart, 26. November 2024 – Der neunte Verhandlungstag im Strafverfahren gegen Michael Ballweg am Landgericht Stuttgart konzentrierte sich auf die Aussagen des Gefängnisdirektors der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stuttgart. Im Mittelpunkt standen die eingeschränkten Möglichkeiten eines Untersuchungshäftlings, seinen steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen, sowie strukturelle Defizite, die den Fall Ballweg exemplarisch machen.
Erschwerte Bedingungen: Zugang zu Unterlagen und Kommunikation
Der Gefängnisdirektor schilderte detailliert, mit welchen Mitteln Untersuchungshäftlinge in der JVA arbeiten können. Diese Aussagen verdeutlichten die erheblichen Hürden, vor denen Michael Ballweg stand:
- Keine elektronischen Hilfsmittel: Es standen lediglich Stift und Papier zur Verfügung. Ein Taschenrechner oder ein internetfähiger PC war nicht zugänglich.
- Beschränkte Kommunikation: Ballweg konnte seinen Steuerberater nur durch genehmigungspflichtige Sonderbesuche kontaktieren. Er durfte im Oktober 2022 zweimal seinen Steuerberater sehen, hatte jedoch keinen Zugriff auf Steuerprogramme oder elektronische Unterlagen.
- Langsamer Briefverkehr und Kommunikationsüberwachung: Briefe benötigten durchschnittlich 10 bis 14 Tage (teilweise auch länger) für den Versand und die Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft. Dies betrifft jeweils eingehende und ausgehende Briefe. Es vergehen damit für einen Briefwechsel ca. 4 Wochen.
Der Direktor räumte ein, dass es für Untersuchungshäftlinge kaum praktikable Möglichkeiten gibt, steuerliche Verpflichtungen wie die Abgabe einer Steuererklärung zu erfüllen. Dies betraf insbesondere die Steuerunterlagen, die nach der Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurden und Ballweg nicht zugänglich waren.
Steuerliche Vorwürfe unter fragwürdigen Bedingungen
Wichtige Unterlagen für seine Steuererklärung waren für Michael Ballweg nicht verfügbar, und selbst grundlegende Arbeitsmittel wie Tabellenkalkulationssoftware wurden nicht bereitgestellt.
Rechtsanwalt Dr. Reinhard Löffler kommentierte:
„Die heutigen Aussagen des Gefängnisdirektors zeigen, dass es Herrn Ballweg unmöglich war, seinen steuerlichen Pflichten nachzukommen. Dass dies dann noch als Grundlage für strafrechtliche Vorwürfe dient, ist in höchstem Maße fragwürdig.“
Der Gefängnisdirektor bestätigte, dass Ballweg während der gesamten Untersuchungshaft weder Zugang zu elektronischen Arbeitsmitteln noch zu seinen beschlagnahmten Unterlagen hatte. Ein Gespräch mit seinem Steuerberater unter Wahrung des Steuergeheimnisses war nicht möglich. Zudem wurde deutlich, dass die Steuererklärung, die Ballweg nach seiner Haft einreichte, bislang nicht bearbeitet wurde – obwohl sie die Grundlage der Schätzungen widerlegt.
Rechtsanwalt Gregor Samimi betonte:
„Dieser Verhandlungstag unterstreicht, wie unverhältnismäßig die Maßnahmen gegen Herrn Ballweg waren. Trotz seiner Kooperation und klarer Absicht, steuerliche Verpflichtungen zu erfüllen, wurde er systematisch behindert.“
Fazit
Die heutigen Erkenntnisse werfen erneut ein Licht auf die strukturellen Defizite im Umgang mit Untersuchungshäftlingen in Wirtschaftsstrafverfahren. Das Verfahren gegen Michael Ballweg zeigt exemplarisch, wie die Strafverfolgung mit willkürlichen Hürden einseitig belastet werden kann.
Nächste Verhandlung
Am Donnerstag, den 28. November 2024, wird das Verfahren fortgesetzt. Inhalt ist die Befragung des Steuerfahnders, der am 21. November 2024 erstmals befragt wurde.
Kontakt
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GERICHTSPROZESS
Die Hauptverhandlung gegen den Gründer der Querdenken-711-Bewegung Michael Ballweg findet seit dem 02. Oktober 2024 am Landgericht Stuttgart statt.
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