Pressemitteilung des Verteidigerteams von Michael Ballweg
43. Verhandlungstag – Grimms Märchen wissenschaftlicher als die Anklage – Verteidigung beantragt Freispruch
Exemplarisch veröffentlicht das Presseteam mit dieser Mitteilung das Plädoyer von Dr. Reinhard Löffler, CDU-Landtagsabgeordneter im Landtag Baden-Württemberg, sowie das Letzte Wort von Michael Ballweg in voller Länge.
„Grimms Märchen sind eine Enzyklopädie der Wissenschaft“
Dr. Löffler brachte die Einschätzung der Verteidigung auf den Punkt:
„Im Vergleich zu ihren Mutmaßungen, Unterstellungen und Annahmen der Staatsanwaltschaft sind Grimms Märchen eine Enzyklopädie der Wissenschaft.“
Er kritisierte die politische Dimension des Verfahrens, die überzogene Konstruktion steuerlicher und strafrechtlicher Vorwürfe sowie die massive Vorverurteilung durch Medien und Behörden.
Sein Fazit:
„Ich beantrage Freispruch und eine Entschädigung für 279 Tage unschuldig erlittener Untersuchungshaft.“
Ballweg: „Ich bin unschuldig“
In seinem letzten Wort betonte Michael Ballweg seinen Einsatz für Grundrechte auch in Krisenzeiten:
„Ich bin unschuldig. Meine Steuerberatungsgesellschaft hat bestätigt, dass ich 80.000 Euro Verlust gemacht habe.“
Er bedankte sich bei den Beobachtern und rief dazu auf, Herausforderungen mutig anzunehmen – auch im Angesicht von staatlicher Repression.
Ausblick
Das Urteil im Verfahren gegen Michael Ballweg soll am Donnerstag, 31. Juli 2025 verkündet werden.
Anlagen zur Pressemitteilung:
Plädoyer Dr. Reinhard Löffler
Landgericht Stuttgart, 22.07.2025 Es gilt das gesprochene Wort
Hohes Gericht, werte Vertreter der Staatsanwaltschaft,
Die 61 Männer und Frauen im parlamentarischen Rat, die vor mehr als 75 Jahren diesem Land und seinen Menschen eine neue Verfassung, unser Grundgesetz, vorstellten, hatten ein klares Ziel: Nie mehr Diktatur, nie mehr staatliche Willkür, sondern die Bindung aller staatlichen Gewalt an die Rechtsordnung. Der Staat muss die Würde des Menschen garantieren und Freiheit und Gleichheit gewährleisten.
Meinungsfreiheit und dialektischer Prozess
Unser Grundgesetz will keinen Nachtwächterstaat, sondern eine Gesellschaft, in der jeder seine Meinung frei äußern darf, in Wort und Schrift, in Versammlungen und bei Demonstrationen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Meinung richtig oder falsch ist, sinnvoll oder absurd oder ob sie bequem oder unbequem ist.
Das Grundgesetz will, dass sich in der Gesellschaft dialektische Prozess entwickeln, die die Politik aufnimmt und in den Parlamenten umsetzt. Mit unbequemen Meinungen tun sich die Regierenden immer schwer. Wir wissen das aus Protesten gegen den Vietnamkrieg, gegen den NATO-Doppelbeschluss gegen Kernkraftwerke Wyhl/Brokdorf. Aber noch nie wurde der öffentliche Diskurs so emotional geführt wie in der Auseinandersetzung mit den staatlichen Coronamaßnahmen.
Corona-Maßnahmen und ihre Auswirkungen
Es steht außer Frage, die staatlichen Eingriffe zur Eindämmung des Corona-Virus führten zu den tiefgreifendsten Grundrechtseinschränkungen seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland, anfänglich sogar nur aufgrund von Verwaltungsvorschriften. Hinzu kommt, dass die juristische Bewertung all dieser Maßnahmen im Einzelfall wie in ihrer Gesamtheit vielfach äußerst kontrovers erörtert wurden. Aber nicht nur juristisch, auch auf medizinisch fachlichem Gebiet blieben teils emotional geführte Auseinandersetzung nicht aus. Wir werden nach Corona einander viel verzeihen müssen, hat der Bundesgesundheitsminister damals gesagt.
Gesellschaftliche Folgen und politische Ausgrenzung
Bei allen Risiken, die in diesem Corona Virus für die Gesundheit der Menschen steckte und die ich auch nicht verharmlosen will, die staatlichen Maßnahmen führten zu sozialen Einschränkungen in der Bevölkerung, zur sozialen Isolation, zu Kontaktverboten, die soweit gingen, dass die Menschen nicht einmal mehr ihre Angehörigen in den Tod begleiten durften und sie führten dazu, dass viele ihre berufliche Existenz verloren. Ja, die Politik ging sogar soweit, eine Impflicht zu fordern, obwohl diesem Impfstoff keine empirische Forschung vorausging und Nebenwirkungen nicht bekannt waren. Wer sich nicht impfen ließ, wurde gesellschaftlich geächtet und isoliert.
Die Rolle des Angeklagten
Wir wissen heute, dass viele dieser Maßnahmen falsch waren, juristisch wie medizinisch. Damals hat die Politik die Menschen nicht gefragt, sie blieben alleine mit ihren Ängsten, mit ihren Sorgen, mit ihrer Verzweiflung. Manchmal braucht es außergewöhnliche Menschen, die dem Staat die Stirn bieten, die auch in Zeiten der Pandemie ihre Grundrechte einfordern und die kritisch hinterfragen, ob der Staat in einer Pandemie Grundrechte aushebeln darf.
So ein Mensch ist der Angeklagte. Er gründete im April 2020 die Gruppe Querdenken-711 und brachte damit in kürzester Zeit die wohl größte außerparlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland auf die Straße. Sie nannten sich Querdenker, protestierten für den Erhalt der Demokratie und des Wertekanons des Grundgesetzes auch in der Pandemie. Sie prangerten die diktatorischen Hygieneverordnungen an und forderten eine offene Debatte über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit aller staatlichen Maßnahmen. Es ging dem Angeklagten um Menschlichkeit in der Pandemie. Anfänglich waren es nur wenige, die sich bei einer Mahnwache auf dem Stuttgarter Schlossplatz versammelten, kurz darauf 5.000 Teilnehmer auf dem Stuttgarter Wasen und im August 2020 protestierten in Berlin schon mehr als 500.000 Menschen.
Reaktionen auf die Bewegung
Mit unbequemen Meinungen konnten die Regierenden noch nie gut umgehen. In der ersten Phase wurden die Querdenker als Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, Reichsbürger und Rechtsradikale gebrandmarkt und im Verfassungsschutzbericht von Baden-Württemberg werden sie als De-Legitimierer des Staates aufgeführt. Die ZEIT machte den Angeklagten gar zum Staatsfeind Nummer 1. In dem zweistündigen Video, dass wir hier im Gerichtssaal sahen, kam die Journalisten des Spiegels gar nicht mehr aus der Endlosschleife „Reichsbürger“ raus. Ein probates Narrativ, erst gar keine dialektische Auseinandersetzung über das eigentliche Problem führen zu müssen. Querdenker sind Schmuddelkinder und mit denen spielt man nicht.
Struktur und Finanzierung der Bewegung
Geschadet hat es der Bewegung nicht. Es entstanden in vielen Städten immer mehr Querdenken-Gruppen, die der Angeklagte vernetzte. Um die Demonstrationen zu finanzieren, rief der Angeklagte auf, ihm Geld zu schenken. Mehr als Zehntausend folgten diesem Aufruf, über 1,2 Millionen Euro standen dem Angeklagten und den Querdenkern zur Verfügung, Geld, das in die Organisation von Demonstrationen floss und in weitere Großdemonstrationen fließen sollte.
Strafverfolgung und Haft
Es folgte dann die zweite Phase. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte den Angeklagten, er habe tausende von Menschen über die Verwendung der eingeworbenen Gelder getäuscht. Der Angeklagte soll mehr als 575.000 Euro für private Zwecke verwendet und auf Privatkonten hin und her geschoben haben. Sein ganzes privates Vermögen wurde arrestiert. Betrug und Geldwäsche standen im Raum. Es folgte eine Hausdurchsuchung und eine Inhaftierung wegen Fluchtgefahr.
Angelblich saß der Angeklagte auf gepackten Koffern und wollte sich nach Costa Rica absetzen. Sein Hausstand hätte sich in einem Überseecontainer befunden, bereit zur Verschiffung. Neun Monate sollte Michael Ballweg in der JVA Stammheim verbringen. Es hätte auch eine Meldeauflage und die Wegnahme des Reisepasses gereicht, Nebeneffekt der Inhaftierung war aber auch das Ausbluten der Bewegung. Im Container befanden sich Monitore, Computer und Bürokram aber kein Hausstand, wie wir hier festgestellt haben.
Kritik am Haftrichter
Mehrere Haftbeschwerden blieben erfolglos. Der Haftrichter am Amtsgericht Stuttgart, den wir als Zeugen gehört haben, ließ zwar den Angeklagten wie ein Hund mehrere Stunden während der Anhörung an ein Tischbein fesseln, ansonsten vermittelte er nicht den Eindruck, dass seine Entscheidung von Kenntnis der Aktenlage getragen war. Die Verteidigung hatte die Fesselung während der Vernehmung gerügt. Mit Menschenwürde und mit einer rechtsstaatlichen Vernehmung hatte das wenig zu tun. Ich bedauere, dass die Kammer das durchgehen lässt, niemals darf so etwas zum Standard in unseren Gerichten werden.
Bewertung der Anklage
Die Anklage auf Betrug und Geldwäsche wurde nicht zugelassen. Geldwäsche ist das Einschleusen von Vermögenswerten aus organisierter Kriminalität in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zum Zweck der Tarnung. Zwar sind die Kreditinstitute nach dem Geldwäschegesetz verpflichtet, bei Anhaltspunkten für Geldwäsche Meldung zu machen, unabhängig davon, ob der Tatbestand der Geldwäsche vorliegt. Dynamik bekam diese Meldung aber nur dadurch, dass der „Gründer von Querdenken“ Bargeld abgehoben und eingezahlt hatte. Angeklagt wurde nur noch wegen versuchten Betruges, weil es den Spendern gleichgültig war, was mit dem Geld passiert.
Steuerhinterziehungs-Vorwurf
Versuchte Steuerhinterziehung wurde nachgeschoben. Der Angeklagte saß in Untersuchungshaft, alle steuerrelevanten Unterlagen waren beschlagnahmt, Zugang zu Elster gibt es im Knast nicht. In der Inhaftierung verstrich die Frist zur Abgabe der Steuererklärung. Wir wissen seit Al Capone, steuerrechtlich geht immer was, insbesondere dann, wenn das Steuerstrafverfahren so generalstabsmäßig vorbereitet wurde wie im vorliegenden Fall.
Rolle von Ministerien und Ermittlern
Das Finanzministerium und die OFD waren alarmiert, so steht es in einer E-Mail, aber warum? Michael Ballweg hatte jahrelang als erfolgreicher Unternehmer seine Steuern bezahlt und es war nicht wenig. Die Steuerfahndung wollte unbedingt bei der Hausdurchsuchung dabei sein. Dies erfolgte dann über den Umweg „Amtshilfe für IT“, obwohl die Polizei diese Amtshilfe gar nicht brauchte, weil sie eigene Experten hat, die sogar die Fachleute des Finanzamts ausbilden. Der Leiter der Ermittlungsgruppe EG Kreuz, der hier als Zeuge aussagte, zeigte sich verwundert. Zumindest fand ein Finanzbeamter die Sporttasche des Angeklagten und darin Reiseprospekte für Costa Rica. Auf dem Computer fand sich nichts Belastendes.
Vorbesprechung zur Durchsuchung
Es gab eine Vorbesprechung zur Hausdurchsuchung. Das wurde zwar anfänglich vertuscht aber dann hier vor Gericht von einer Rechtspflegerin bestätigt. Zu dieser Vorbesprechung gibt es auch ein Protokoll, nur leider durften wir das nicht einsehen. Es befindet sich auch nicht in den Akten.
Einkommensteuer, Steuerpflicht und Besteuerung politischer Schenkungen
Einkommensteuer sei hinterzogen worden, weil der Angeklagte die Schenkungen seiner Unterstützer nicht versteuert habe. Diese Steuerpflicht soll bestehen, weil der Angeklagte auf Anraten des Finanzamts, ein Unternehmen für Event Marketing gegründet hatte und deshalb die Schenkungen dem Unternehmen zugerechnet werden. Nur, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Spender wollten die politischen Ziele der Querdenkerbewegung unterstützen, nicht das Unternehmen des Angeklagten.
Zur Begründung der Steuerpflicht hat uns der Zeuge von der OFD einen Fall geschildert, bei dem ein Pizzabäcker in Bayern seine Gäste gebeten hatte, ihm Geld für einen neuen Pizzaofen zu spenden. Diese Spenden, so habe das Finanzgericht entschieden, seien Unternehmenseinnahmen.
Ich hätte eigentlich erwartet, dass das Finanzamt Stuttgart uns mitteilt, ob die Gegner von Stuttgart 21, die seit mehr als 20 Jahren aktiv Spenden für ihre Montagsdemos sammeln, auch einkommensteuerrechtlich veranlagt werden. Offenbar nicht.
Spenden für politische Parteien und Wählervereinigung sind sogar steuerrechtlich privilegiert. Spenden bis 6.000 Euro mindern die Steuerlast des Spenders. Parteien werden nicht besteuert, obwohl es vorkommen soll, dass sie sich nicht an ihre Versprechen halten.
Eine Besteuerung von Spenden für die Organisation von politischen Versammlungen nach Art. 8 des Grundgesetzes wären aber ein Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Das sieht unsere Verfassung nicht vor.
Berechnung der Steuer und Prüfung durch das Finanzamt
Die Kammer beauftragte das Finanzamt, nach ihren Vorgaben die Steuerschuld des Angeklagten für das Jahr 2020 zu berechnen. Welch Überraschung, der Angeklagte zahlte nicht zu wenig, sondern 200.000 Euro zu viel an Einkommenssteuern.
Die Kammer hat sich viel Mühe gemacht, zu prüfen, ob der Angeklagte versucht hätte, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer zu hinterziehen. Dabei wurden sogar Kleinstbeträge von acht Euro, elf Euro und von 23 Euro unter die Lupe genommen.
Juristische Einordnung des Versuchs einer Steuerhinterziehung
Nach § 370 Abs. 2 AO iVm § 23 StGB ist der Versuch einer Steuerhinterziehung strafbar. Jedes strafrechtliche Delikt durchläuft drei Phasen:
- die straflose Vorbereitungsphase,
- die Versuchsphase, in der noch ein strafbefreiender Rücktritt möglich ist,
- sowie die Phase der Realisierung des Schadens.
Ist der Schaden eingetreten, kann eine Strafbefreiung nur noch in Form der Selbstanzeige erlangt werden.
Der Versuch einer Steuerhinterziehung begeht, wer nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Verwirklichung der Steuerhinterziehung ansetzt. Der Versuchsbeginn setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter den unbedingten Tatentschluss fassen muss, eine Steuerhinterziehung zu begehen. Er muss also alle tatsächlichen Umstände kennen, die den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen und aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre zumindest wissen, dass er durch die beabsichtige Vorgehensweise die Verwirklichung eines Steueranspruchs verhindert.
Der Täter muss zudem in objektiver Hinsicht unmittelbar zur Tatbegehung ansetzen, d. h. er muss mit Ausführungshandlungen begonnen haben. Diese Ausführungshandlungen müssen dabei über die regelmäßig straflose Vorbereitungshandlung hinausgehen. Beispielsweise:
- das Ausstellen unrichtiger Belege,
- Falschbuchungen,
- unrichtige Aufzeichnen von Betriebsvorgängen,
- unvollständige Aufnahme von Gegenständen des Anlage- oder Umlaufvermögens
- oder das unrichtige Ausfüllen von Steuererklärungsvordrucken.
Wenn aber ein Steuerpflichtiger diese Belege seinem Steuerberater überlässt und er mit ihm vereinbart, vor Einreichung an das Finanzamt über diese Unterlagen zu sprechen, ist die Schwelle der Vorbereitungshandlung nicht überschritten.
So war es hier: Der Angeklagte und sein Steuerberater haben einen Besprechungstermin am 29.06.2022 vereinbart. Die E-Mail liegt dem Gericht vor. Wir wissen, zu dieser Besprechung kam es nicht mehr, weil der Angeklagte am selben Tag inhaftiert wurde.
Wenn überhaupt von einem Versuch gesprochen werden kann, ist er nie über eine straflose Vorbereitungsphase hinausgegangen.
Zum versuchten Betrug
Wenden wir uns dem versuchten Betrug zu. Der Angeklagte, so die Staatsanwaltschaft, soll Querdenken zum Geschäftsmodell gemacht haben, um Spendengelder zu sammeln, damit er sie für private Zwecke verwenden könne. Darüber hätte er die Schenker getäuscht. So war es nicht, aber lassen wir das mal für den Augenblick so stehen.
Betrug ist ein klassisches Vorsatzdelikt, es gibt keinen fahrlässigen Betrug. Der Täter muss mit der Absicht handeln, sich oder einen Dritten zu bereichern und dabei einen anderen täuschen. Sein Vorsatz muss sich vollumfänglich auf das Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsmäßigkeit – Täuschung, Irrtumserregung, Vermögensverfügung und Vermögensschaden – beziehen.
Daneben bedarf es noch einer Bereicherungsabsicht. Der Täter muss einen Vermögensvorteil anstreben. Diese Bereicherungsabsicht ist neben dem Vorsatz festzustellen.
Zeugenaussagen und Beleglage
Wir haben in 42 Verhandlungstagen Dutzende von Zeugen gehört – Gebärdendolmetscher, Rettungssanitäter, eine Schneiderin. Es blieb kein Stein auf dem anderen.
Viele Unterstützer haben in vielfältiger Weise beim Aufbau der Organisation und den Demonstrationen geholfen. Wir haben hier alle angehört. Alle bekamen vom Angeklagten eine finanzielle Entschädigung für ihre Auslagen oder ihre Reiskosten ersetzt. Alle Rechnungen liegen vor und wurden vom Angeklagten bezahlt. Übernachtungskosten und Essen für die Helfer auf den Demos wurden bezahlt.
Eine Groß-Demo verschlingt schnell einen hohen sechsstelligen Betrag, das haben wir hier gelernt. Dass der Angeklagte Geld für sich privat abzweigte, haben wir nicht festgestellt.
Wenn die Staatsanwältin hier eine Reihe von angeblichen Betrugstatbeständen aufreiht, halte ich dagegen, dass diese vom OLG bereits zurückgewiesen wurden.
Im Vergleich zu ihren Mutmaßungen, Unterstellungen und Annahmen sind Grimms Märchen eine Enzyklopädie der Wissenschaft.
Alltagsausgaben, Krypto-Vermögen und Haltung der Staatsanwaltschaft
Die Kammer hat auch akribisch nachgefragt, was bei den regelmäßigen Treffen in der Werfelstraße gegessen und getrunken wurde. Kokoswässer wurde zum „Running Gag“.
Es war und ist nicht erkennbar, wo und wie und ob überhaupt der Angeklagte Schenkungen für eigene Zwecke abgezweigt haben soll.
Ich bleibe dabei, es ist leichter, in einem Gulasch die Augenfarbe des Ochsen zu erkennen, als in den Aussagen der Zeugen eine Betrugsabsicht des Angeklagten.
Und ja, es ist noch Geld aus dem Schenkungsvermögen da. Der Angeklagte hat es angelegt – auch in Krypto-Währungen. Warum auch nicht, die Banken haben ihm aus fadenscheinigen Gründen die Konten gekündigt.
Mich hat es befremdet, dass die Staatsanwältin dem Angeklagten geraten hatte, nachdem er sich wegen der Arreste seines Vermögens beklagt hatte, weil ihm für seine Lebensführung kein persönliches Geld zur Verfügung steht, er möge sich doch aus dem Kryptokapital bedienen – das sei ja seit 2020 kräftig gestiegen.
War das eine Anstiftung zu einer Straftat?
Wenn der Angeklagte sich aber aus diesem Kryptokapital bedienen darf – warum klagt ihn die Staatsanwaltschaft an?
Abschluss
Hohes Gericht, ein langes Verfahren geht zu Ende. Ich bedanke mich für Ihre Geduld und ihre faire Verhandlungsführung – trotz meiner Frotzeleien und trotz eines Befangenheitsantrags der Staatsanwaltschaft nach einem Rechtsgespräch mit der Kammer gegen alle Berufsrichter. Für mich ein einmaliger Vorgang.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind geschmolzen wie der Schnee in der Sonne.
Ich beantrage Freispruch und eine Entschädigung für 279 Tage unschuldig erlittener Untersuchungshaft. Vielen Dank.
Dr. Reinhard Löffler
Plädoyer 22.07.2025 – LG Stuttgart
Es gilt das gesprochene Wort
Letztes Wort Michael Ballweg
Landgericht Stuttgart, 22.07.2025
Es gilt das gesprochene Wort
Frau Vorsitzende,
Hohes Gericht,
sehr geehrte Staatsanwaltschaft,
liebe Prozessbeobachter.
Ich habe mich in diesem Verfahren bewusst für die schweigende Verteidigung entschieden. In einem Verfahren, das aus meiner Sicht von Anfang an politisch motiviert war, erschien es mir wichtig, den Fokus auf die Beweisaufnahme zu legen, nicht auf die Interpretation meiner Worte.
Auch in Zeiten einer Pandemie müssen Grundrechte gelten. Die Grundrechte müssen Leuchttürme sein in Notzeiten. Dafür habe ich mich eingesetzt und dafür werde ich mich auch in Zukunft einsetzen.
Die Querdenker haben auf den Demos gezeigt, worauf es in schwierigen Zeiten ankommt:
- auf Haltung,
- auf Menschlichkeit,
- auf Mut.
Willkür kann nur in der Dunkelheit stattfinden. Deshalb möchte ich mich ausdrücklich bei allen Prozessbeobachtern herzlich bedanken und bei den Medien, die über dieses Verfahren berichtet haben und berichten.
Ich habe in diesem Verfahren viel gelernt. Es soll auch allen Mut machen – alles geht vorüber und wir dürfen die Herausforderungen, dies das Leben uns aufgibt, annehmen.
Ich bin unschuldig. Meine Steuerberatungsgesellschaft hat bestätigt, dass ich 80.000 EUR Verlust gemacht habe.
Ich bedanke mich beim Landgericht für die umfangreiche Aufarbeitung.
Ich bin der Überzeugung:
Die Zukunft gehört den Menschen,
die ihrem Herzen folgen,
egal was die Kritiker sagen.
Denn es sind die Außenseiter,
die die Welt verändern,
und die einen echten und bleibenden Unterschied machen.
Vielen Dank.
Landgericht Stuttgart, 22.07.2025
Es gilt das gesprochene Wort
Kontakt
Alle Presseanfragen werden zentral über das Presse-Team von QUERDENKEN-711 bearbeitet und können über das offizielle Presseformular eingereicht werden: https://711.is/presseanfrage
GERICHTSPROZESS
Die Hauptverhandlung gegen den Gründer der Querdenken-711-Bewegung Michael Ballweg findet seit dem 02. Oktober 2024 am Landgericht Stuttgart statt.
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08.09.2023 Status des Verfahrens
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